Besatzung der Festung

Als Markgraf Hans im Jahre 1546 daran ging, die Festung zu bewaffnen, ordnete er an: ,,300 bis 400 Landsknechte sollen anhero gelegt und jedem monatlich vier Gulden und dem Fähnrich zehn gegeben werden." Man kann sich vorstellen, dass die finanzielle Belastung durch eine sol­che Besatzung neben den erheblichen Festungsbaukosten kaum tragbar war. Wir finden daher, wie schon gesagt, im Jahre 1567 nur drei Rotten mit zusammen 150 Mann. Nach der Verstär­kung im Februar 1621 betrug die Küstriner Besatzung ganze 160 Mann.

 

Geld und Naturalien als Besoldung

Die damalige Besatzung zur Zeit der Söldnerheere und des Landsknechtstums dürfen wir uns nicht nach heutigen Maßstäben vorstellen. Die Gliederung der Besatzung war wie folgt: Den Oberbefehl über die gesamte Festung führte der Oberhauptmann bzw. Schlosshauptmann, der seit 1656, seit also ein reguläres Heer in Brandenburg bestand und die Gliederung sich nach dem Ganzen richtete, Gouverneur genannt wurde. Den Befehl über die eigentliche Besatzung führte der Guardehauptmann, der spätere Kommandant, dem die Wachtmeister und Rottfüh­rer unterstanden. Diese doppelte Kommandoführung (Gouverneur und Kommandant) war noch lange Zeit in Preußen üblich.

 

Die Besoldung setzte sich grundsätzlich aus barem Geld und Naturalien zusammen. Der Guar­dehauptmann erhielt jährlich 200 Thaler. Dazu kamen noch 50 Thaler „wegen eines Ehrenklei­des," 18 Thaler für das „Losament" (Wohnung) und 9 Thaler für Holz. Das Deputat eines Guar­dehauptmanns betrug: drei fette Schweine, drei Schafe und drei Hammel, zwei Achtel Butter, 10 Schock 6 Stück Käse, ein Scheffel Salz, 26 Tonnen Bier, 2 1/2 Wispel Roggen, 1/2 Wispel Gerste, ein Scheffel Erbsen, 1/2 Scheffel Buchweizengrütze sowie 10 Wispel Hafer für zwei Pferde. Außerdem wurde die volle Kleidung für zwei Personen gestellt.

 

Gegenüber dieser auch für heutige Begriffe recht anständigen Besoldung waren die beiden Wachtmeister schon erheblich schlechter gestellt. Von ihnen erhielt jeder 30 bis 40 Thaler, 2 Wispel Roggen, 1 Wispel Gerste, je 1 Scheffel Erbsen und Buchweizengrütze, 2 Scheffel Salz, 1 Achtel Butter, 13 Schock Käse und ein fettes Schwein. Dazu kam freie Wohnung sowie „die ein­fache Kleidung". Bei der Betrachtung des Unterschiedes zwischen Guardehauptmann und Wachtmeister fällt auf, dass trotz der allgemeinen Schlechterstellung der letztere eine größere Ration Käse und sogar das doppelte Quantum Salz erhielt.

 

Die Soldaten erhielten außer den monatlichen vier Gulden jährlich einen gefütterten Mantel und aus den Küstriner Magazinen zehn Scheffel Roggen, die jedoch, wenn auch zu einem nie­drigeren Preis, bezahlt werden mussten. Einmal, im Jahre 1597, haben die Knechte den Kurfür­sten gebeten, ihnen diesen Roggen unentgeltlich zu überlassen. Obwohl der damalige Ober­hauptmann Hans von Buch der Jüngere diese Bitte der Knechte wärmstens befürwortete, wurde sie dennoch abschlägig beschieden.

 

Drei Jahre Dienstzeit

Die Dienstzeit der Mannschaften dauerte grundsätzlich mindestens drei Jahre. In einem sog. Artikelsbrief aus der Zeit Johann Georgs heißt es: ,,Welcher Kriegsmann seine Zeit gedient und nicht länger bleiben will, soll es dem Schlosshauptmann durch den Guardehauptmann ein Vier­teljahr vorher anzeigen lassen." Dieser Artikelsbrief wurde den Knechten alle sechs Wochen vorgelesen," damit ein jeder sich vor Schaden zu hüten und sich nicht mit Unwissenheit zu ent­schuldigen vermag." Das geschah anlässlich der Löhnung, die nur zweimal im Vierteljahr aus­gezahlt wurde, in Gegenwart aller Vorgesetzter.

 

Der Dienst der damaligen Garnison unterschied sich ganz wesentlich von dem einer heutigen. Er umfasste in erster Linie den Wachtdienst. Dieser wurde in Tag- und Nachtwachen auf den Wällen und besonders an den Toren geleistet. Die Artikel, in denen gesagt ist, die Knechte „sol­len sich neben dem Hauptmann und den Wachtmeistern in Auf- und Zusperrung der Tore flei­ßig und vorsichtig verhalten, dermaßen auch ihre Schild- und Scharwachen zu Tage und Nacht also verwalten, dass des Herrn und der Veste Bestes im Dienst geschafft werde", waren sehr streng. Die Schildwache war für alles verantwortlich, was des Nachts geschah. Bei Tage oder bei Nacht durfte kein Kriegsmann, der die Schildwache hielt, ,,seine Wehre von sich legen, hangen oder setzen. Welcher auch schlafend befunden, soll an seinem Leib gestraft werden".

 

Festungsbesatzung als Zöllner

Die Tätigkeit der Festungsbesatzung war bei aller Manneszucht, die die Artikel verlangten, eine höchst friedliche. Bei den Toren hatten die Scharwachen außer dem Wachtdienst auch die abso­lut unmilitärische Tätigkeit von Zollaufsehern, sie hatten zu besorgen, dass nichts unterschleift werde. Bei Feuersbrünsten, öffentlichem Lärm, Zusammenrottungen, selbst bei heftigen Stürmen musste jeder Knecht mit seinen Waffen an den ihm bestimmten Platz, am Tor oder auf den Wällen antreten und die Befehle seines Vorgesetzten abwarten. Ansonsten durfte sich der Soldat ruhig einen Büchsenschuss weit von der Festung entfernen, was allerdings nicht viel sa­gen will, da die damaligen Gewehre ohne gezogenen Lauf nicht allzu weit trugen und innerhalb dieses Schussbereichs um Küstrin nur Wasser, Wiesen und Bruch zu finden war. Wollte der Sol­dat sich aber weiter entfernen, so durfte das nur mit Urlaub und Wissen des Hauptmanns und der Wachtmeister geschehen.

 

Trotz oder gerade infolge der zahlenmäßigen Schwäche der Mannschaft musste besonders streng auf Manneszucht und Diensteifer gesehen werden. Wer auf Wache schlafend angetroffen wurde, musste mit einem Todesurteil rechnen oder zumindest mit einer Deportation nach Un­garn zum Kampf gegen die Türken. Die Strafen erstreckten sich aber nicht nur auf dienstliche Vergehen, sondern auf den gesamten Lebenswandel. Allen verheirateten Knechten war bei Strafe am eigenen Leibe verboten, ,,mit anderen Weibern" hauszuhalten. Ebenso wurde Mä­ßigkeit im Alkoholgenuss verlangt und streng darauf geachtet, dass Soldaten nicht über den Zap­fenstreich hinaus in den Schänken blieben.

 

Auch den Wert der Kameradschaft wusste man durchaus zu schätzen. Jegliches Schelten und Schmähen der Soldaten untereinander war verboten. Charakteristisch war auch die Einstellung gegenüber dem Zweikampf. Als „Balgen" war er grundsätzlich verboten. ,,Welche aber zu bal­gen ehrenhalber Ursache gewönnen, sollen sie solches morgens vor Essen und außer der Veste vor der Schildwache Macht haben. Welche auch unehrlich balgen oder über den gebotenen Frieden schlagen würden, sollen gestraft werden. Da aber einer zu dem anderen sonst Ursache gewönne, soll solches durch den Hauptmann oder die Wachtmeister verglichen werden." Wir finden hier Auffassungen, die durch Jahrhunderte fast unverändert Gültigkeit hatten.

 

So sah die Besatzung der Festung Küstrin aus zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges. Sie betrug damals 160 Mann, wurde zuerst um zehn bis zwölf Soldaten und später um weitere hundert Mann vermehrt. Da der Krieg sich aber nach dem protestantischen Norden hinaufzog und da­mit auch die evangelische Mark bedrohte, genügten die Festungsgarden nicht mehr. Sie wurden daher im Jahre 1630 aufgelöst und durch Kompanien der Feldarmee ersetzt. Mit dem infolge dieser Aktion erfolgenden Einmarsch einer zweihundert Mann starken Kompanie des Regi­ments von Kracht begann ein neuer Zeitabschnitt in dem Schicksalsbuch der Stadt und Festung Küstrin.