Das Schloss

Das Renaissanceschloss der Festung Küstrin

Das Küstriner Schloss, eingebettet in die Festung, erlebte viele Veränderungen. Beispielsweise verbrachte hier Friedrich der Große als Kronprinz qualvolle Tage, hier lag später ein Teil der Garnison. Bis zu seiner Zerstörung im Februar/März 1945 war das Schloss das Wahrzeichen Küstrins. Sein wuchtiger, stolzer Bau hat den Blick aller Menschen auf sich gelenkt, die sich von Westen her der Altstadt näherten oder auf der Oder daran vorbeifuhren. Seine Fassaden, so wie sie später waren, zeigten preußische Schlichtheit.

 

Im Jahre 1455 fing in Küstrin die für die Stadt in ihrer Bedeutung gar nicht zu überschätzende Herrschaft des Hauses Hohenzollern an, die lange Jahrhunderte hindurch bis fast in unsere Tage hinein dauerte. Und Küstrin war nicht der kleinste Stein in der Krone der Hohenzollern. Die ersten Jahrzehnte Hohenzollernherrschaft verliefen noch in ruhiger Gleichmäßigkeit. Bis zum Jahre 1535 war die Stadt wie der Kietz ein bedeutungsloses Anhängsel einer Burg, bewohnt von Fischern, Ackerbürgern und einigen Händlern. Das Städtchen bestand nur aus der Kietzer Straße, der Kommandantenstraße und dem Marktplatz. In der Rangfolge der neumärkischen Städte nach ihrer Steuerkraft stand Küstrin an letzter Stelle.

 

Die Erbschaft für den Markgrafen Hans

Da erbte Markgraf Johann von Brandenburg (geboren 1513, regierte von 1535—71; Bruder von Kurfürst Joachim II.) 1535 von seinem Vater, dem Kurfürsten Joachim I. Nestor (1499—1535), die Neumark, das Sternberger, das Crossener Land und die Herrschaften Cottbus-Peitz und Züllichau. Unter ihm wurde die Neumark selbständiges Fürstentum. Der Markgraf erwählte Küstrin zu seiner Residenz und wurde seitdem Hans von Küstrin genannt. Damit trat das Städtchen in das Licht der Öffentlichkeit. Der Markgraf hat der Stadt für Jahrhunderte, ja bis in die Neuzeit ein eigenartiges Gepräge gegeben. Er baute die Stadt um und machte sie zu einer der modernsten und gewaltigsten Festungen der damaligen Zeit. Küstrin verlor sein bisheriges Eigenleben als Landstädtchen der Neumark und nahm von nun an eine beherrschende und zugleich beschützende Stellung ein.

 

Küstrin, die neue Hauptstadt der Neumark

Bis zum Regierungsantritt von Markgraf Hans war Soldin die Hauptstadt der Neumark gewesen. Küstrin war daher in keiner Weise für seine neue Aufgabe vorbereitet. Die alte Ordensburg bot dem Landsherrn weder für eine standesgemäße Hofhaltung noch für seine Regierung und Behörden geeignete beziehungsweise ausreichende Räume. Deshalb ließ der Markgraf 1535—37 neben der Burg ein stattliches Schloss erbauen. In der alten Ordensburg wurden die Kanzlei, die Amtskammer, die Rentei und das 1548 geschaffene Kammergericht untergebracht.

 

Das Schloss wurde ein prunkvoller Renaissancebau. Kupferplatten bedeckten die Dächer, schöne Giebel, Erker, Mansarden und viele Terrakottaskulpturen zierten die Fronten. Die Fassade nach dem Renneplatz, der dem Landesfürsten, seinem Gefolge und seinen vornehmsten Gästen zu Turnieren und anderen Ritterspielen diente, schmückten schwarz-weiße Gemälde. Gewaltige Säulen im Schloss und kunstvolle Reliefs auf dem Schlosshofspiegelten die Pracht des ganzen Bauwerks wieder. Besonders hervorzuheben ist das Paulusportal, das die Bekehrung des Apostels Paulus darstellt, und das Delphinportal mit dem fünfteiligen Prunkwappen des Markgrafen am einstigen Eingang der Schlosskirche.

 

Das Schloss lehnte sich mit zwei Flügeln an die eine Seite der Ordensburg. Ein dritter Flügel mit zwei runden Ecktürmen, der nach 1700 als reformierte Schlosskirche diente, verband die beiden anderen Flügel und Schloss den viereckigen Schlosshof ab. Nach dem Tode von Markgraf Hans (1571) ließ Kurfürst Joachim Friedrich (1598—1609), verheiratet mit Katharina von Brandenburg (Tochter von Markgraf Hans) die alte Ordensburg bis auf einen Turm, den Weißkopf, einige Gewölbe (Blockhaus) und die Kanzlei abbrechen und an der Burgstätte den vierten Flügel des Schlosses bauen.

 

Das Schloss war von einem tiefen Graben und einer Mauer umgeben. Es konnte nur über eine Zugbrücke und durch ein streng bewachtes Tor vom Renneplatz aus betreten werden. Unbefugten verwehrte ein Torwart den Zugang.


Der Fürstensitz

Im Jahre 1537 bezog Markgraf Hans mit seiner jungen Gemahlin, Katharina von Braunschweig, die Gemächer des ersten Stocks des Renneplatzflügels. Hier wurden dem Fürstenpaar 1540 die Tochter Elisabeth und 1549 die Tochter Katharina geboren. Im Schloss wohnten auch Mitglieder des Hofstaates und einige Beamte des Landesherrn. Hier lebten je ein Hofmeister des Markgrafen und der Markgräfin, der Marschall, der Schlosshauptmann, der Hauptmann der Festungsgarde, eine Reihe Hofjunker, Edelknaben und Bediente für die verschiedensten Aufgaben. Sogar Zwerge, Neger, einen Narren und einen Astrologen gab es am markgräflichen Hofe. Täglich mussten etwa 200 Personen des gesamten Hofstaates im Schlosse gespeist werden. Dabei hatten Köche, Küchen- und Kellermeister mit ihren Gehilfen vollauf ihre Beschäftigung. Leibkoch und Mundschenk sorgten für den eigenen Tisch des Markgrafen. Da er einen einfachen Haushalt führte, war deren Arbeitsmaß gewöhnlich nicht groß. Wenn jedoch der Fürst vornehme Gäste zu Tisch geladen hatte, stieg ihre verantwortungsvolle Arbeit je nach Zahl der Geladenen. Dann musste auch der Verwalter des Silberzeuges in Tätigkeit treten. Sonst aß man die anspruchslosen Speisen von bäuerlich zinnernen Geräten. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Schloss und als Dienstanweisung für die Beamten und Angestellten des Schlosses gab der Markgraf 1560 eine Hofordnung heraus, deren genaue Befolgung der Schlosshauptmann überwachen musste.

 

Das Schloss als Witwensitz

Die Hochzeiten der beiden Töchter waren die größten Festlichkeiten, die das Schloss gesehen hat. Die älteste, Elisabeth, verheiratete sich 1559 mit dem Markgrafen Georg Friedrich von Ansbach. Die Hochzeit der jüngeren Tochter, Katharina, fand 1570 mit dem brandenburgischen Kurprinzen Joachim Friedrich statt.

 

Nach dem Tode von Markgraf Hans im Jahre 1571 wurde das Schloss der Markgräfin, genannt Mutter Käthe, zum Witwensitz überlassen. Da sie jedoch meist in Crossen wohnte, verkleinerte sie die Küstriner Hofhaltung. Nach ihrem Tode (1574) nahmen nur noch vorübergehend Fürsten oder deren Angehörige dort Wohnung. Im Laufe der Zeit verwandelte man den ehemaligen Fürstensitz immer mehr zu einem Behördenhaus. In einem Teil erhielten der Präsident der Amtskammer und der Schlosshauptmann Wohnung.

12) Karl V.= römisch-deutscher Kaiser (1519-56). Von ihm stammt das Wort über die Mark Brandenburg von „des Heiligen Rö­mischen Reiches Erzstreusaudbüchse." Er musste im Nürnberger Religionsfrieden (1532) den Protestanten Duldung gewäh­ren. Im Schmalkaldischen Kriege (1546/47) gelang es ihm, die Protestanten in der Schlacht bei Mühlberg (1547) zu schlagen und den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen gefangenzunehmen: Ende des Schmalkaldischen Bundes. Doch scheiterte er, als er den „geharnischten Reichstag" von Augsburg (154 7 / 48) zur Niederwerfung des Luthertums und zur Aufrichtung ei­ner starken kaiserlichen Macht in Deutschland benutzen wollte. Nach dem Sieg der Fürstenverschwörung unter Moritz von Sachsen musste er 1552 den für die Protestanten günstigen Passauer Vertrag abschließen.

13) Bastion= Bollwerk, bestehend aus stumpf vorspringenden Winkeln, deren Schenkel (Facen) von den Flanken der Nebenba­stion aus mit Feuer bestrichen werden können.

14) Kasematte= ein schuß- und bombenfest abgedeckter Hohlraum zur Unterkunft von Mannschaften und Lagerung von Kriegs­gerät, Munition und Vorräten.

15) Kavalier= ein überhöhend angeordnetes Bauwerk zur Feuerverstärkung.

16) Kartaune= ein schweres, Geschosse von 40 Pfund, als Doppelkartaune von 70 bis 80 Pfund verschießendes Vorderladege­schütz des 16. und 17. Jahrhunderts.

17) Feldschlange= spätmittelalterliches, bis ins 17. Jahrhundert hinein verwendetes Feldgeschütz kleineren Kalibers mit ver­hältnismäßig langem Rohr.

18) Hellebarde= eine von den Schweizern im frühen 14. Jahrhundert-Schlacht bei Morgarte n, 1315 - eingeführte. für Hieb und Stoß geeignete StangenwafTe. Im 16. Jahrhundert verlor die Hellebarde ihren Kampfwert zugunsten des Langspießes und der Pike. Nur als Trabantenwaffe lebte die Hellebarde bis ins 17. und 18. Jahrhundert fort.

19) Morgenstern= Stachelkeule, Stock mit an Kette schwingender Stachelkeule, eine vor allem von Bauern geführte Notwaffe des 15./16. Jahrhunderts.

20) Pfarrkirche oder Marienkirche: Der erste Bau wurde nach 1232 auf der Schlossfreiheit im gotischen Stil errichtet. zum ersten­mal 1396 erwähnt.1531 wurde unter dem Kurfürsten Joachim I. der Glockenturm errichtet. 1758 sank die Kirche mit den übri­gen Häusern der Stadt durch die Beschießung der Russen in Schutt und Asche. 1767 wurde sie wieder aufgebaut. 1806-14. während der französischen Besetzung, diente sie als Heu- und Strohmagazin. Sie musste infolge der argen Beschädigungen mit einem Kostenaufwand von fast 15 000 Talern wiederhergestellt werden. Im März 1945 wurde sie durch sowjetische Artillerie restlos zerstört.

21) Die Hermenbüste stellt Friedrich als Kronprinz im Alter von 19 Jahren dar. im einfachen Beamtenrock mit dem Stern des Schwarzen Adlerordens